Jan Bredack: Vegan für
alle – Warum wir richtig leben sollten Piper, April 2014,
gebunden, 256 Seiten, 19,99 €
Beschreibung des Verlags:
Warum beschließt ein erfolgreicher
Mercedes-Manager, das alte Leben hinter sich zu lassen und ganz neu anzufangen?
Jan
Bredack erzählt seine eigene Geschichte vom Karrieristen und
Fast-Food-Konsumenten zum glücklichen Veganer. Sein kritischer Blick auf unsere
Gesellschaft zeigt: Vegan bedeutet nicht nur fleischlos essen, sondern: Leben
für alle!
Jan
Bredack sagt selbst: "Veganer waren früher für mich Extremisten, die nicht
alle Latten im Zaun haben." Inzwischen weiß er, wie gut ihm die neue
Ernährungs- und Lebensweise tut. Er war auf der Karriere-Überholspur, schon mit
30 Jahren leitender Manager bei Mercedes, daneben eine Familie mit drei Kindern
und Triathlon als Hobby. 2008 klappt Bredack zusammen und ändert sein Leben
daraufhin komplett. Er, der bis dahin alles in sich reingeschaufelt hat, was
ihm auf den Teller kam, wird Veganer. 2011 steigt er bei Daimler aus und gründet
in Berlin den veganen Supermarkt Veganz, aus dem gerade eine europaweite Kette
wird. Anhand Bredacks persönlicher Geschichte erzählt das Buch viel
Wissenswertes über die vegane Lebensweise und liefert erschütternde Fakten, die
für ihre ökologische wie ökonomische Notwendigkeit sprechen. Ein Impulsbuch,
das nicht missioniert, sondern inspiriert und zum Nachdenken bringt!
Ein hervorragendes Buch! Es
hält, was der Titel verspricht: Eine Botschaft zu transportieren, die jeden
angeht!
In manchen Kritiken wird
bemängelt, dass Jan Bredack seine eigene Geschichte beschreibt und es darin nur
zum Teil um Ernährung geht. Diese Leute haben den zweiten Teil des Titels
anscheinend nicht gelesen: Es geht auch um das ‚Warum‘. Denn durch die
Lebensgeschichte von Jan Bredack wird unsere Gesellschaft beschrieben, wie sie
ist. Und daraus folgert Jan Bredack sehr logisch, dass eine Gesellschaft, wie
sie sein sollte, für ihn den Veganismus beinhaltet.
Jan Bredack hat als
Gründungspionier der Veganz-Supermarktkette seine „Mission“ gefunden. Denn man
merkt ihm in jeder Zeile des Buches an: Der Veganismus ist seine Religion. Und
zwar in einem sehr positiven und mitreißenden Sinn. Jan Bredack missioniert
nicht, weil er durchaus Verständnis für den Normalesser aufbringt er ist ja bis
vor wenigen Jahren selber einer gewesen. Aber die Impulse, die er liefert, sind
durchaus eine Heilsbotschaft für die gesamten Gesellschaftsstrukturen. Der
Veganismus ist viel mehr als nur eine Ernährungsform, und um das aufzuzeigen,
liefert dieses Buch mit der Autobiographie Jan Bredacks die ideale Geschichte. Er
zeigt darin auf, wie die Welt der Fleischesser und Tierausbeuter von dem
Prinzip geprägt ist, den Schwächeren zu übervorteilen, ihn in die Pfanne zu
hauen und auszubeuten. Das ist eine Geisteshaltung, für die der verbrecherische
Umgang mit den Tieren nur ein sichtbarer Ausdruck ist. Die mindestens genau so
große Auswirkung dieser Geisteshaltung ist der verbrecherische Umgang mit dem
Mitmenschen. Der Veganismus bedeutet nicht nur eine Umstellung in der
Ernährung, sondern ein grundsätzliches Umdenken: Es ist nicht das Recht – oder gar
die Aufgabe – den Schwächeren zu übervorteilen und ihn auszubeuten. Der
Veganismus möchte das Glück für alle Lebewesen. „Wir lieben Leben!“ ist der
Wahlspruch von Jan Bredack, und er vertritt damit die gleiche Geisteshaltung,
die Albert Schweitzer mit seinem „Ehrfurcht vor dem Leben“ beschrieb: Wir haben
nicht das Recht darüber zu entscheiden, welche Lebensform sich entfalten und
ein glückliches Leben führen darf und welche Lebensform nur dazu da sein soll,
von uns ausgebeutet zu werden. Grundsätzlich hat JEDE Lebensform das Recht auf
ein glückliches Leben. Der Abschied von der Tierausbeutung (=Veganismus) ist
ein notwendiger Schritt, wenn ein Mensch es mit diesem Umdenken ernst meint.
Aber es geht darüber hinaus.
Um diese Ganzheitlichkeit
des veganen Gedankens umzusetzen, ist es für Jan Bredack wichtig, dass die
Mitarbeiter in seinen Supermärkten fair entlohnt werden – ja dass es in der
gesamten Kette von der Landwirtschaft bis zum Endkunden keine Verlierer gibt,
sondern nur Gewinner. Das umzusetzen ist unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
nur möglich, wenn es genügend Endverbraucher gibt, die bereit sind, sich vom bizarr
gewordenen Billig-Billig-Trend im Lebensmittelsektor zu lösen. Ein Huhn mit
seinem ganzen qualvollen Leben bringt dem Züchter nur wenige Cent Gewinn, das Ganze
lohnt sich nur in der Masse. Wir brauchen die Bereitschaft, unserer Ernährung
mehr Wert beizumessen. Das beinhaltet die Information über Gesundheitszusammenhange,
Ökologie und Fair-Trade und sollte dahin führen, einen größeren Anteil unseres
Einkommens für gesunde Ernährung auszugeben (im weltweiten Vergleich ist der
Anteil in Deutschland lächerlich gering).
Jan Bredack neigt offenbar
dazu, alles im Extrem auszuleben: Er hat einen extremen Karriereweg bei
Mercedes beschritten und war dafür bereit, alles unterzuordnen, auch seine
Mitmenschlichkeit. Er gibt seine unsozialen Seiten offen zu und tut nun im
Extremen alles dafür, für das Gegenteil zu leben: Einen Weg in der Gesellschaft
zu verbreiten, der das Wohl aller Lebewesen – Tiere wie Menschen – beinhaltet,
und das mit dem Aufbau einer europaweiten Supermarktkette. Hierbei muss er
natürlich auch nach den Prinzipien der Gewinnmaximierung wirtschaften, das Ziel
dabei ist jedoch die Reinvestition in die Kette (um nicht zu sagen: in die
vegane Bewegung).
Im Buch werden auch die
Angriffe geschildert, denen sich Bredack gerade von der veganen Fraktion
ausgesetzt sieht. Seine offene Geisteshaltung erlaubt es ihm durchaus vegane
Produkte von Firmen anzubieten, die auch nichtvegane Produkte vertreiben. Oder
Kunden willkommen zu heißen, die mit einem Einkaufsbeutel vom Metzger nebenan
in eine Veganz-Filiale kommen. Doch für die Fanatiker unter den Tierschützern
und Veganern kommt das einem Hochverrat gleich. Die an den Haaren
herbeigezogene Unterstellung, er wäre politisch rechts, ist vermutlich aus der
Hilflosigkeit geboren, weil manche Fanatiker einen Veganer mit gesundem
Menschenverstand anscheinend nicht einordnen können. Er schildert das Beispiel
eines Vortragsprojektes mit Rüdiger Dahlke. Dieser weitere Botschafter eines
veganen Umdenkens („Peace Food“) wird merkwürdigerweise von manchen in der
veganen Szene schlecht gemacht. Es werden ihm nur monetäre Absichten
unterstellt oder es werden seine positiven Erfahrungen mit Akupunktur und
Homöpathie infrage gestellt. Diese Neigung zum Zerreden von Alles und Jedem,
zum Polarisieren und zur gewalttätigen Aggression gegen Andersdenkende, bzw.
Noch-Anders-Lebende, ist für den gegenwärtigen Bewusstseinsumschwung nicht
hilfreich. Ich selber habe das an anderer Front erlebt: In der Tierschutzpartei
wurde allen Ernstes darüber diskutiert, ob Nicht-Vegetarier als Mitglieder
zugelassen sein sollten. Bei einer Anti-Pelz-Demo in Köln stellte sich ein
Kürschner mit friedlichem Lächeln vor sein Pelzgeschäft und war offen, sich die
Botschaft dieser Demo anzuhören. Doch was er erntete, waren nur übelste
Beschimpfungen: Er war gesprächsbereit – die Demonstranten waren es nicht!
Schließlich musste ich es erleben, dass ein errungener Einzug in ein
Kommunalparlament deshalb in der eigenen Partei nicht willkommen war, weil er
ein Bündnis mit anderen Splitterparteien bedeutet hat. Ich war zuvor jahrelang aktiv
in einer neugegründeten Religionsgemeinschaft, aber ein solch sektiererisches
Verhalten wie unter den vegetarischen und veganen Tierschützern habe ich dort
nicht erlebt. Die vegane Bewegung zerfleischt sich selbst und verliert dadurch
wahnsinnig viel Zeit und Energie. Es tut sehr wohl, dass Jan Bredack sich von
solchen Fanatikern abgrenzt. Er möchte eine Verhaltensveränderung nicht über
Schreckensbilder bewirken – obwohl er auch für diese Strategie durchaus
Verständnis hat – sondern über positive Impulse: den Genuss hervorragender
pflanzlicher Lebensmittel.
Der Aufbau des Buches ist
gewöhnungsbedürftig: Die Mischung von Kapiteln aus Jan Bredacks Leben und über
hochinteressante Hintergrundinformationen über Ernährung und gesunde
Lebensmittel war zuerst etwas nervig. Ich habe mir oftmals gewünscht, Jan
Bredack hätte zuerst seinen sehr spannenden Weg am Stück beschrieben, um sich
danach in einem zweiten Teil des Buches den Ernährungsinformationen zu widmen.
Aber der Wechsel zwischen beiden Themen ist, wenn man sich erst einmal darauf
eingelassen hat, durchaus reizvoll, und immer unterhaltsam. Da beide Teile, die
nun ineinander verwoben sind, so spannend geschrieben sind, ist man niemals in
der Versuchung, ein Kapitel auszulassen, um im Erzählfaden zu verbleiben.
Die
Lebensgeschichte von Jan Bredack ist hierin mindestens genau so wichtig wie die
Ernährungsinformationen und wird sicher von der Sorte Veganer, die sich über
ihren Tellerrand hinaus einen ganzheitlichen Blick bewahrt haben, ebenso
gewürdigt werden.