Der Frühstücks-Ei-Liebhaber hat genau so viel Schuld am Tier-Holocaust wie die feindselige Schwiegermutter am Dritten Weltkrieg!
Für mich die wichtigste Erkenntnis auf dem Ernährungsweg:
„Gesunde Ernährung“ ist kein statischer Zustand, sondern dynamischer
lebenslanger Prozess. Es gibt nicht „die“ Idealform der Ernährung. Deshalb muss
immer der Raum gelassen werden für Ausnahmen, Korrekturen und für eine
Weiterentwicklung.
Es ist zu beachten, nicht einseitig vom Kopf gesteuert zu
sein, nicht zu einem ernährungstechnisch perfekten, aber sauertöpfisch
dreinblickenden und die Umwelt moralisierenden Zeitgenossen zu werden. Es ist
zu beachten, dass wir uns ganzheitlich entwickeln – unsere Gefühle und
Bedürfnisse mit einbeziehen, unseren Körper im Einklang mit der Seele
transformieren. Dieser Einklang zeigt sich darin, dass unsere Transformation
die Beziehung zu den Mitmenschen nicht verschlechtert, sondern verbessert. Für
diesen ganzheitlichen Weg ist es wichtig, eher spielerisch und experimentell
mit der Ernährung umzugehen, anstatt dogmatisch und moralisierend.
Wer seine eigenen Bedürfnisse nach Tierprodukten erkennt und
ein Stück weit zulässt, ist tolerant gegenüber der Umwelt. Natürlich ist die
derzeitige Form der Tierausbeutung eine Katastrophe. Wer jedoch die Gesamtheit
des Tierleids jedem einzelnen Mitmenschen anhängt, der mal gerne ein
Frühstücksei oder ein Käsebrötchen isst, der argumentiert wie der Pazifist, der
die Schuld am Dritten Weltkrieg seiner stinknormalen Schwiegermutter in die
Schuhe schiebt, weil sie einen nicht akzeptiert und feindselig behandelt. Die
Schwiegermutter wird deswegen nicht die Schuld am Dritten Weltkrieg haben,
ebenso wenig wie der Frühstücks-Ei-Liebhaber die Schuld trägt am gegenwärtigen
Tier-Holocaust.
Hey Veganer – entspannt euch! Fahrt mal ein bischen runter!
So funktioniert das nicht!
Wer seine Umwelt moralisiert, hat zu 99% noch eine Leiche im
Keller! Kehre jeder vor seiner eigenen Tür! Welche Bedürfnisse sind nur
unterdrückt und nicht transformiert? Welche Bedürfnisse werden nur im Geheimen
gelebt? Wer an sich selbst arbeitet und überlegt, wo er noch selber feindselig
gegenüber seinen Mitmenschen ist, der wird ganz gewiss nicht der
Schwiegermutter die Schuld am Dritten Weltkrieg gegen.
Bisher habe ich mich als vegan bezeichnet, auch wenn ich für meine Frau oftmals das Frühstücks-Ei zubereite. Am letzten
Wochenende jedoch habe ich mir bewusst Schafskäse über meinen Salat gemacht,
weil mir letztens der „Schopska-Salat“ im Restaurant so gut geschmeckt hat.
Darf ich mich jetzt immer noch als Veganer bezeichnen? Das ist mir so egal! Ich
muss in meinen eigenen Ernährungsprozess finden. Ich werde versuchen, den
Schafskäse im Salat zu ersetzen durch veganen Schafskäse. Wenn er nicht
schmeckt oder zu teuer ist, werde ich versuchen, mit Tofu auch zufrieden zu
sein. Wenn ich aber wieder einmal mit Freunden im Restaurant bin, kann es
durchaus sein, dass ich wieder „Schopska-Salat“ bestelle. Und ich werde
bestimmt nicht sagen „Schopska-Salat, aber bitte ohne Schopska“. Ich werde so
lange Schafskäse essen, wie ich es brauche und bis ich ohne Schafskäse mein
Gleichgewicht gefunden habe. Wann dieser Punkt erreicht ist, das kann kein
Mensch von außen entscheiden, nur ich selbst. Deshalb gestehe ich es auch jedem
meiner Mitmenschen zu, in seinem eigenen Tempo vorzugehen.
Ich trage bewusst für meine Uhr ein Lederarmband. Meine
Schuhe und mein Gürtel sind vegan, aber das Lederarmband erinnert mich daran,
dass ich eine Mitschuld trage an der Ausbeutung der Tiere. Liebe Veganer, wir
alle tragen eine Mitschuld. Das zu leugnen, ist lächerlich und macht uns zu
überheblichen Moralaposteln, die in einer gestörten Kommunikation mit ihrer
Umwelt leben. Erst das Eingeständnis der eigenen Mitschuld baut die Brücke zu
unseren Mitmenschen!
Wichtig ist es, dass immer mehr Menschen aufwachen und den
gegenwärtigen unhaltbaren status quo der Tierausbeutung und Krankheiten
erzeugenden Ernährung aufzugeben. Aber nicht, um in einen neuen – vermeintlich
idealen – statischen Zustand zu finden, sondern um die ersten Schritte zu tun
und um in den eigenen ganzheitlichen lebenslangen Weiterentwicklungs-Prozess zu finden.