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„Heute ist unendliches äußeres Wachstum die Basis aller Volkswirtschaften. Dabei wird übersehen, dass nur der Krebs unendlich wächst und wuchert.“

Franz Alt

 
Das Merkmal einer gesunden Wirtschaft sei fortwährendes Wachstum, wird allenthalben propagiert. Wenn der Wachstumsfaktor nur etwas geringer ist als im Vorjahr, so wird das bereits so betrachtet, als sei die Wirtschaft geschrumpft: mit Angst und Sorge.

Warum muss die Wirtschaft eigentlich ständig wachsen? Das hängt natürlich mit dem Zinssystem der Banken zusammen: Alles Geld, das irgendwo angelegt wird, muss Zinsen bringen. Dieser Mehrwert kann letztendlich nur aus einem fortwährenden Wachstum resultieren.

Dass aber diesem „unendlichen äußeren Wachstum“, ausgedrückt im Pro-Kopf-Brutto-Inlandsprodukt, irgendwo Grenzen gesetzt sein müssen, dürfte jedem klar sein. Nur wo die Grenze liegt und ob hinter dieser Grenze ein plötzlicher Kollaps oder ein schleichendes Siechtum folgt, das scheint unsere Gesellschaft derzeit im Großversuch herausfinden zu wollen. Dass dieses System sehr fehlerhaft und sogar gefährlich ist, wird außerdem dadurch deutlich, dass es offenbar bisher nicht dazu geführt hat, die dringendsten sozialen Nöte zu beheben: Trotz jahrzehntelangem beständigen Wachstum hat es unsere aufgeblasene Wirtschaft weder geschafft, die Arbeitslosigkeit wirksam einzudämmen, noch allen kinderreichen Familien angemessen große Wohnungen zu ermöglichen noch das Gesundheitsniveau der Bevölkerung anzuheben noch den zahlreichen Pflegebedürftigen eine ausreichende Zahl von Betreuungskräften gegenüberzustellen. Im Gegenteil, alle Probleme verschärfen sich nur. Natürlich liegt das daran, dass der Wohlstand ungerecht verteilt wird. Aber ist nicht diese ungerechte Verteilung systemimmanent?

Derzeit gibt es ja Bestrebungen, die Probleme zu lösen, indem man auf dem Weg des bisherigen Systems weitermacht: Man möchte „die Wirtschaft ankurbeln“, indem man die Arbeitszeiten der Beschäftigten ohne Lohnausgleich erhöht. Der offenkundige Anachronismus dieses Vorschlags, in Zeiten der Arbeitslosigkeit die Wochenstunden derer, die schon Arbeit haben, zu erhöhen mit dem letztendlichen Ziel, die Arbeitslosigkeit einzudämmen, wird übergangen aus einer Vorstellung heraus, die die Denkweise des bisherigen Systems weiterführt: Wenn nur das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt wieder kräftig wächst, dann werden schon alles Probleme gelöst und die Lebensqualität wird angehoben.

Hier könnte man natürlich argwöhnen, diese Begründungen, die dem Austreiben des Teufels durch Beelzebub gleichkommen, sowie die angeblichen Zwänge des internationalen Wettbewerbs würden nur angeführt, um kleinen erlesenen Kreisen an der Spitze der Unternehmen größere Gewinne zu bescheren, sprich: um die Ausbeutung schleichend wieder aufzubauen, die die Gewerkschaften in jahrzehntelangem Kampf abgebaut haben. Doch wir können bei den Unternehmern durchaus von den allerredlichsten Absichten ausgehen. Denn ihre Begründungen führen bloß die Denkweise des bisherigen Systems weiter. Die Frage, der wir uns hier widmen wollen, lautet daher: Stimmt denn die Denkweise des bisherigen Systems?

Stimmt denn die Gleichung:

Steigerung des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts

           =  Anhebung der Lebensqualität und Lösung der Probleme?

 

Oder auf den Punkt gebracht:

                                                       Geld = Lebensqualität?

 

Diese Gleichung, die offenkundig unserem derzeitigen Wirtschaftssystem zugrundeliegt, begünstigt natürlich eine egoistische, raffgierige Denkweise und damit eine ungerechte Verteilung des Wohlstands, daher meine oben geäußerte Vermutung, dass eine solche systemimmanent sei.

Da wir aber in einer Zeit der Reformen leben, brauchen wir Visionen. Deshalb sei es mir als wirtschaftlichen Laien erlaubt, einen Traum von einer anderen Gesellschaft zu entwickeln.

Nehmen wir einmal an, der Weg der verkürzten Arbeitszeiten würde weiterverfolgt. Man verkürzt die reguläre Vollarbeitszeit noch weiter und schafft darüber hinaus noch mehr Teilzeitstellen. Ob dies zur Folge hat, dass zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls wird von der Regierungsseite nicht mehr darauf hingewirkt, dass die Bürger mehr konsumieren sollen, sondern im Gegenteil: Sie sollen mehr von sich geben.

Jedoch nicht in der erpresserischen Weise, wie es derzeit geschieht. Denn derzeit werden die Arbeitnehmer vor die Wahl gestellt: Entweder sie arbeiten mehr Stunden für den gleichen Lebensunterhalt oder sie verlieren ihre Stelle. Was ist das anderes als Erpressung? Auf die angeblichen Zwänge des internationalen Wettbewerbs gehe ich weiter unten näher ein.

Nein, in meinem Traum arbeiten die Menschen weniger für ihren Lebensunterhalt, wenn er auch für viele vielleicht etwas bescheidener ausfallen mag: Wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit und zum Einkauf, statt mit dem Auto, wieder im eigenen Land Urlaub statt im exotischen Ausland. Denn die Erziehungsintention des Staates ist nicht der ungezügelte Konsumrausch, wie derzeit (getreu dem Grundsatz, wenn Geld fließt, hebt sich die Lebensqualität), sondern dass die Bürger ihre vermehrte Freizeit für ehrenamtliche Tätigkeiten einsetzen. Diese ehrenamtlichen Projekte sollen mehr vom Staat beworben und auch gefördert werden, so dass es quasi zum Standard wird, zum Soll, wenn auch nicht zum Muss, dass jeder in seiner Freizeit einer ehrenamtlichen Aufgabe nachgeht. Dies kann politische oder religiöse Arbeit sein oder Wasserrettungsdienst oder Katastrophenhilfe oder eine Igelauffangstation, was auch immer. Dies würde zu einem deutlichen Anstieg der Lebensqualität führen: Die ehrenamtlich Tätigen empfinden ihr Leben wieder als sinnerfüllt. Die Arbeitslosen haben nicht mehr das Gefühl, „auf der Straße zu stehen“. Eine solche Vorstellung könnte in einer Gesellschaft mit einer gesunden Ehrenamtskultur gar nicht erst aufkommen! Und für viele Hilfeempfänger ist es ein neuer Sonnenschein in ihrem Leben: Eine überforderte Mutter kann sich endlich erholen, weil der Kinderbetreuungsverein mit ihren Kindern in Urlaub gefahren ist. Oder viele gebrechliche Altenheimbewohner haben endlich jemanden, der sie regelmäßig im Rollstuhl spazierenfährt.

Wir haben also einen allgemeinen Anstieg der Lebensqualität, obwohl das Bruttosozialprodukt durch verkürzte Arbeitszeiten und Konsumeinschränkungen eher gesunken ist.

Stimmt also die Gleichung: Bruttosozialprodukt = Lebensqualität?

Ein weiteres Beispiel:

Wie wäre es, wenn sich nach einem jahrzehntelangem Bauernsterben der Trend wieder umkehrt: Weg von den landwirtschaftlichen Massenproduktionsbetrieben, weg von den überdimensionierten Massenviehhaltungen und Getreide-Monokulturen, wieder hin zu ökologischen bäuerlichen Familienunternehmen. Eine Förderung der ökologischen Landwirtschaft und der regionalen Vermarktung würde überdies viele Arbeitsplätze schaffen. Durch bodenzerstörerische Landwirtschaftsmaschinen und Monokulturen, durch umweltbelastenden Kunstdünger und durch höchst ungesunde Massen-Nutztierhaltung hat es unsere Gesellschaft derzeit erreicht, dass nur noch ein verschwindend geringer Anteil der arbeitenden Bevölkerung unmittelbar an der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelproduktion beteiligt ist.

Wie wäre es, wenn sich der Staat endlich zu einer Aufklärungskampagne durchringt, dass diese Entwicklung höchst ungesund und gefährlich ist:

-         für den Bereich unserer Ernährung,

-         ebenso wie für unsere Umwelt,

-         ebenso wie für den Arbeitsmarkt!

Das Ziel muss es sein, durch Aufklärung und sinnvolle Förderung wieder möglichst viele unabhängige bäuerliche Kleinbetriebe entstehen zu lassen und durch die arbeitsintensivere biologische Wirtschaftsweise wieder die Landwirtschaft zu einem Arbeitsmarkt für einen großen Teil der Arbeitnehmerschaft anwachsen zu lassen. Durch eine gezielte Aufklärung über gesunde Ernährung sollte darüber hinaus darauf hingewirkt werden, dass wieder mehr unverarbeitete Nahrung direkt vom Feld und aus dem Garten auf den Tisch kommt.

Dadurch entstände folgende Situation: Es wäre nicht nur allgemein ein größerer Anteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt, sondern es gäbe auch einen größeren Anteil an selbständigen Landwirten. Diese würden natürlich ihre eigene Verköstigung, wenn nicht auch die ihrer Mitarbeiter, zunehmend aus eigener Produktion bestreiten. Die Vermarktung ihrer Produkte läuft wieder mehr regional, bis hin zur Direktvermarktung auf Erzeugermärkten oder im eigenen Hofladen. Außerdem würden die Menschen aus einem größeren Gesundheitsbewusstsein heraus mehr unverarbeitete Nahrungsmittel konsumieren, also selbstzubereitete Gemüse, Kartoffelpuffer, Suppen, Saucen, oder was auch immer, statt Tiefkühl-, Instant- oder Dosenkost. Die gesamte nahrungsverarbeitende Industrie würde durch die Einbußen durch einen drastischen Schrumpfungsprozess gehen. Bei dieser tiefgreifenden Lebensreform würde deutlich weniger Geld fließen, aber die Lebensqualität würde deutlich wachsen:

-         durch eine erhöhte Beschäftigungsrate in sinnerfüllter Arbeit,

-         durch eine Hebung des Gesundheitsniveaus durch die körperliche Betätigung an der frischen Luft und unverarbeitete biologische Ernährung.

Trotz einer deutlichen Senkung des Bruttosozialprodukts würden also viele soziale Probleme auf einmal gelöst und die Lebensqualität deutlich angehoben.

Stimmt also die Gleichung: Bruttosozialprodukt = Lebensqualität???

Kaum. Es ist höchste Zeit für die Einsicht, dass Geld kein Ziel an sich ist, sondern nur ein Mittel zum Zweck, ein Werkzeug. Es ist höchste Zeit für die Einsicht, dass unsere Lebensqualität von ganz anderen Dingen abhängt: Von einem sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Bewusstsein, sowie von ethischen und moralischen Werten.

Es geht hier nicht darum, das Geld zu verteufeln, sondern das Geld wieder als das zu sehen, was es ist: als ein Werkzeug. Geld an sich ist nichts Schlechtes, sondern ein Werkzeug an sich ist neutral. Man braucht auch keinen Hammer zu verteufeln, weil man damit einen Menschen erschlagen kann. Ein Hammer ist ein Werkzeug für den Zweck, z.B. Häuser zu bauen. Wenn man nun nach der Leistung eines Volkes fragt, welche Frage ist interessanter:

- Wieviele Hämmer hat das Volk in einem Jahr produziert?

oder

- Wieviele Häuser hat das Volk in einem Jahr gebaut?

Das Geld ist ein Werkzeug mit dem Zweck, uns zu einer hohen Lebensqualität zu verhelfen. Wie wäre es also, wenn wir das Bruttosozialprodukt künftig nicht mehr in Euro messen, sondern in der Anzahl der Menschen, die in sozialen oder ökologischen Projekten engagiert sind (der Nettowert wäre dann die Anzahl der Menschen, die dies ehrenamtlich tun)? Wäre das nicht ein stimmigerer Indikator für unsere Lebensqualität?

Was wir brauchen, ist also eine Reform der Werte, eine Entthronung des Geldes als oberstes Ziel dessen, was das Volk an Leistung erbringt. Was die gegenwärtige Politik als Reform verkauft, scheint hingegen eher die Suche nach Möglichkeiten zu sein, an der bisherigen Denk- und Lebensweise nichts ändern zu müssen.

Reform heißt nun einmal, dass sich etwas ändert, deshalb bitte ich, meine sicherlich radikal anmutenden Vorstellungen nicht einfach zu verwerfen, wenn man sich doch einig ist, dass Reformen in dieser Zeit dringend notwendig sind.

Wir haben festgestellt, diese gegenwärtige Wirtschaft ist mit ihrer Fixierung auf das Geld unfähig, uns zu der Lebensqualität zu verhelfen, die wir suchen. Machen wir uns bewusst, was das eigentliche Ziel der Wirtschaft ist: nicht Geld, sondern Befriedigung der Grundbedürfnisse:

Obdach, Kleidung, Nahrung, Bildung, Sport und Gesundheit.

Wenn jetzt von Unternehmerseite gedroht wird, man müsse die Handy-Produktion ins Ausland verlagern, wenn die Arbeitnehmer in Deutschland nicht Abstriche machen, dann tun sich folgende Fragen auf:

-         Wo führt das für die Situation der Arbeitnehmer in Deutschland hin?

-         Was haben diese Handies mit unseren Bedürfnissen zu tun?

Machen wir uns einmal bewusst, wie viele Waren aus dem Ausland zu uns kommen: Obst, Gemüse, Viehfutter  - alles Dinge, die man auch regional vor Ort erzeugen könnte (wenn man sich auch ein wenig mehr in der Ernährung auf die regionalen Erzeugnisse besinnen würde). Den verlorengehenden Arbeitsplätzen z.B. als Obstpflücker weint keiner eine Träne nach  - warum eigentlich nicht?

Der sehr gesunde, weil basische Buchweizen wird fast ausschließlich aus Kanada und den USA importiert. „Grund: In ganz Europa gibt es nur zwei Firmen, die die harte Schale knacken können.“ (www.naturkost.de) Warum sind deutsche Arbeitsplätze kein Argument für die Investoren, derartige Maschinen in Deutschland zu betreiben?

Möbel kommen aus Schweden, Plastikgeschirr und Badelatschen kommen aus China.

Wenn wir der Argumentation folgen wollen, dass die deutschen Arbeitnehmer sich umstellen müssen, damit Deutschland ein attraktiver Unternehmensstandort bleibt, wo führt das hin? Wäre es nicht die logische Konsequenz zu sagen, die idealen Standortfaktoren haben Unternehmen bei den politischen Gefangenen in China?: 14 – 16 Stunden Arbeit am Tag, an 6 – 7 Tagen in der Woche, kein Urlaub, keine Gewerkschaften, das alles für’n Appel und’n Ei.

Merken wir allmählich, wo die Karre hinfährt?

Merken wir, dass es ganz gewiss nicht um die Bedürfnisse der deutschen Arbeitnehmer geht wie Obdach, Nahrung, Kleidung, Beschäftigung, sondern nur um eines: um Geld, das sich möglichst in den Händen einiger weniger reicher Unternehmer ansammeln soll, während die Masse mehr und mehr versklavt wird?

Merken wir endlich, dass man uns ins Bockshorn jagt?

Die Situation, die man uns erklärt, gibt es natürlich wirklich: Wenn die Deutschen nicht mehr Arbeitsstunden für das gleiche Geld arbeiten, wird die Handy-Produktion in den Ostblock verlagert. Klipp und klar, das sind Tatsachen. Aber dass sich daraus Handlungszwänge ergeben, denen wir als Geknebelte und Erpresste bedingungslos zu folgen haben, das entspringt einer bestimmten Denkweise, zu der es durchaus eine Alternative gibt. Diese Alternative erfordert jedoch ein Umdenken nicht nur der Politiker und Unternehmer, sondern auch der Wähler, Konsumenten und Arbeitnehmer. Hier versuche ich, eine Änderung der Denkweise darzustellen, die sicherlich radikal anmutet. Jedoch in einer Umbruchzeit, wo sogar von der Regierung radikale Reformen gefordert werden, sollte es erlaubt sein, auch neuartige und außergewöhnliche Alternativen einmal durchzuspielen.

Es gibt die Planwirtschaft, die Freie Marktwirtschaft und die Soziale Marktwirtschaft. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo nach der Freien Marktwirtschaft (dem ungezügelten Raubtierkapitalismus) und der Planwirtschaft auch die Soziale Marktwirtschaft in der uns bekannten Form als gescheitert gelten muss. Wie soll der neue Ansatz heißen? Nennen wir das neue Wirtschaftssystem:

Fundamentale Autarkie.

In diesem Namen sind die zwei wesentlichen Grundzüge dieses Wirtschaftssystems enthalten:

-         Fundamental bedeutet, dass es zunächst einmal um die fundamentalen Grundbedürfnisse des Menschen gehen muss: Angemessenes Obdach, Kleidung, Nahrung, Beschäftigung, dies alles in einer gesunden Umwelt. Luxusartikel schließt diese Wirtschaftsform nicht aus, jedoch werden sie eindeutig als nachrangig gegenüber den fundamentalen Grundbedürfnissen behandelt. Das erscheint als selbstverständlich, ist jedoch in unserer gegenwärtigen Wirtschaftsform nicht der Fall, weil als oberster Wert leider nicht mehr die Grundbedürfnisse des Menschen gesehen werden, sondern einzig und allein das Geld. Das gegenwärtige Wirtschaftssystem liefert uns eine Fülle an Luxusartikeln, während es unsere Grundbedürfnisse zunehmend auf niedrigstem Qualitätsniveau abhandelt. Die Fundamentale Autarkie möchte dieses Verhältnis umkehren. Luxusartikel werden als nachrangig behandelt, jedoch sollen die Grundbedürfnisse für ausnahmslos alle Menschen auf höchstem Qualitätsniveau erfüllt werden. Das bedeutet z.B. gesunde Ernährung aus kontrolliert-biologischem Anbau muss für alle Menschen erschwinglich sein. Biologische Kleidung aus hochwertigen Rohstoffen ohne giftige Spritzmittel und ohne Ausbeutung von ausländischen Erntesklaven, die durch die Pestizide vergiftet werden, muss zum Standard werden. Erschwinglicher angemessener Wohnraum für alle wird den ungebremst weiter emporsprießenden leerstehenden Büroflächen vorgezogen, an denen aufgrund eines unsinnigen Steuersystems einige wenige ihren unsozialen Vorteil haben (ein typischer Auswuchs einer geldfixierten Wirtschaft). Die biologische Landwirtschaft wird wieder zum Hauptarbeitgeber, wie sie es vor dem 20. Jahrhundert ja auch seit Jahrtausenden gewesen ist. Die Grundbedürfnisse sind erfüllt. Und die Luxusartikel sind von dem Gedanken der Autarkie ausgenommen, d.h., dass sie durchaus auch importiert werden können. Also: Handy-Produktion nach Polen? Geschenkt!

-         Autarkie, das Prinzip der Selbstversorgung, bedeutet zunächst einmal natürlich, dass alle Güter der fundamentalen Grundbedürfnisse im eigenen Land erzeugt werden. Aber die Fundamentale Autarkie geht noch weit darüber hinaus, sie erhebt die Autarkie zum Lebensprinzip, das in alle Bereiche hineinwirkt. Z.B. muss auch ein Weg gefunden werden, um die Abhängigkeit von den OPEC-Ländern, was das Erdöl anbelangt, zu durchbrechen. Es gibt bereits Autos, die mit altem Fritten-Öl aus Imbissbuden fahren. Es muss eine Lösung vorangetrieben werden, um die Autos in großem Maßstab mit erneuerbaren Energien zu betreiben, sei es Fritten-Öl oder Rapsöl oder Schilfgras oder oder Mais oder Wasserstoff, wobei die Rohstoffe dann im eigenen Land erzeugt werden. Darüber hinaus wird die gesamte Grundversorgung dezentralisiert und regionalisiert. Dazu gehört nicht nur die bereits angesprochene regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, sondern auch eine kommunale Stromversorgung. Dabei fallen die energieverschwendenden, landschaftsverschandelnden und konzeptionell vollkommen überholten Überlandleitungen weg. Jede Kommune oder jeder Stadtbezirk regelt seine Stromversorgung in Eigenregie aus erneuerbaren Energien wie Wind oder Sonne oder Biogas. Auch in diesem Bereich können noch immens viele Arbeitsplätze entstehen, wenn nur diese anstehenden ökologisch, und meiner Ansicht nach auch ökonomisch, notwendigen Aufgaben angegangen werden. Ebenso sollen z.B. die Abfälle nicht mehr aus riesigen Städten zentral zu überdimensionalen Halden zusammengekarrt werden, sondern kommunal auf kleineren Ebenen wiederaufbereitet, recycelt und kompostiert werden. Nahrung, Kleidung und Möbel sollen aus regionalen Rohstoffen regional produziert und regional vermarktet werden. Diese zunehmende Autarkie soll einhergehen mit einer zunehmenden Mitbestimmung des Einzelnen, indem nämlich der Bürger mehr in die Entscheidungsprozesse in seinem Wohnort miteinbezogen wird, ob z.B. eine Kommune lieber in Wind- oder in Sonnenenergie investieren soll. So entsteht eine Mitverantwortlichkeit für die Form der Befriedigung unserer Grundbedürfnisse, die automatisch zu einem wacheren ökologischen Bewusstsein führt. Ob man z.B. billigen gelben oder etwas teureren grünen Strom nimmt, ist in unserer geldorientierten Gesellschaft für viele Menschen nichts als eine Geldfrage, mit der sich für sie keine weitere Verantwortlichkeit verbindet. Ob man aber unmittelbar vor den Toren seiner Siedlung ein paar Windräder oder den Kühlturm eines Atomreaktors stehen hat, wird viel eher eine Frage sein, mit der sich die Menschen eingehender beschäftigen. Dieses Miteinbezogensein in die kommunalen Entscheidungen führt zusammen mit der oben geschilderten aufblühenden Ehrenamtskultur zu einem neuen gemeinschaftlichen Verantwortungsgefühl, das den Einzelnen aus seiner derzeitigen ungesunden Isolation bzw. ausschließlichen Fixierung auf die Kleinfamilie herausholt. Diese weitreichende soziale Einbindung im Zusammenhang mit der qualitativ hochwertigen Befriedigung der Grundbedürfnisse wird sehr viel mehr zu einer Eindämmung der Kriminalität beitragen als es noch die repressivste Law-and-Order-Politik jemals erreichen kann.

 

Die Fundamentale Autarkie führt, wie unschwer zu folgern ist, natürlich zu einer allmählichen Reduzierung der großen Wirtschaftskonzerne und zu einem Wiederaufblühen der mittelständischen Selbständigkeit, wie z.B. in der Landwirtschaft, wie bereits geschildert, aber auch im Handwerk und im Handel. Sie verlangt ein Umdenken nicht nur von Politikern und Unternehmern, sondern hauptsächlich von den Verbrauchern, die ein ganz anderes Werteempfinden entwickeln müssen. Bildlich ausgedrückt: Der Verbraucher muss wieder lernen, dass die biologische Möhre direkt aus dem Garten mehr wert ist als die Tüten-Gemüse-Instant-Suppe mit exotischen Einlagen und chemischen Haltbarkeitsmitteln und Geschmacksverstärkern.

Aber der schwierigste Schritt besteht sicherlich darin, endlich zu begreifen, dass Geld kein Wert an sich ist. Aus der Sicht der Geldversessenheit heraus kann es nur das Ziel sein, mit spitzen Ellbogen möglichst viel Geld zu scheffeln, um für sich persönlich einen möglichst großen Wohlstand zu erringen. Das ist das Lebensziel, auf das uns diese Gesellschaft bereits seit der frühesten Jugend hin konditioniert, und das nur wenige Gewinner kennt, aber viele Verlierer. Wenn man aber begreift, dass es für alle Menschen gleichermaßen um die elementaren Grundbedürfnisse geht, so kann es nur darum gehen, eine gemeinschaftliche Lösung auf möglichst hohem qualitativen Niveau zu finden. Dazu ist das Geld nur ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck.

Nun gibt es ja bereits viele Tauschringe, die sich ganz vom üblichen Geldsystem ablösen wollen. Nur ist zu beobachten, dass alle diese Tauschringe über kurz oder lang ein eigenes Währungssystem entwickeln, z.B. Tauschtaler. Das hat den Vorteil, dass man mit einer unbelasteten Währung umgeht, dass die Währung zunächst einmal nur als das gesehen wird, was sie ursprünglich sein soll: ein Mittel zum Zweck, ein Werkzeug, um den Handel in Gang zu bringen. Doch letztendlich birgt jede Währung, jede Form des Geldes die gleichen Gefahren: dass sie allmählich als ein Wert an sich gesehen wird, dass das Geld zur Motivation unseres Handelns wird und dabei der eigentliche Zweck der Wirtschaft, die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse, aus dem Blickfeld gerät. Deshalb strebt die Fundamentale Autarkie keine Ablösung vom Geldsystem an. Für eine Wirtschaft, die auf dem Prinzip des Schenkens beruht, wie es in der Modellsiedlung Ökopolis in Tiberkul/Sibirien praktiziert wird, ist unsere Gesellschaft vermutlich noch lange nicht reif. Und ob unser Geld nun Tauschtaler oder Euro heißt, ist nicht wesentlich, sondern wesentlich ist, welche Haltung wir zum Geld haben. Dafür, dass wir unsere Haltung zum Geld verändern, dass das Geld nicht länger auf dem höchsten Thron unserer Werte sitzt und als letztendliches Ziel der Wirtschaft gesehen wird, dafür ist die Zeit reif, wenn nicht, überreif.

Was uns zum Bewusstseinswandel verhelfen sollte, ist die Einsicht, dass trotz einer finanziell seit Jahrzehnten gewachsenen aufgeblasenen Mammutwirtschaft unsere Grundbedürfnisse immer unzureichender erfüllt werden, und wenn, dann auf schäbigstem Niveau. Wir müssen uns immer mehr Sorgen um die einfachsten Dinge wie Obdach, Kleidung, Nahrung, sauberes Trinkwasser und Beschäftigung machen, obwohl das Bruttosozialprodukt seit den 50er Jahren immer weiter wächst und wächst und wächst - da stimmt doch was nicht!

Das Umdenken kann uns nur dahin führen, dass wir uns endlich von der abstrusen Logik unserer Wirtschaftsbosse und Politiker freimachen, die behaupten, wir müssten nur immer mehr Luxusartikel konsumieren und Arbeitsstunden absolvieren und Kinder zeugen, damit es mit unserer Wirtschaft wieder aufwärts geht.

Das Umdenken kann uns nur dahin führen, wieder zur Eigeninitiative, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zurückzufinden, um die Befriedigung unserer Grundbedürfnisse für uns und die kommenden Generationen auf einem würdigen und lebenswerten Niveau zu sichern.

Das bedeutet: Fundamentale Autarkie.

 

Sebastian Stranz, 01.08.2004

>Globale Probleme

 
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