In der Offenbarungsschrift „Das
ist Mein Wort“ gibt uns Christus die Worte:
Wer die ewigen Gesetze verwirklicht, der wird auch das Gebot „Bete und
arbeite“ halten, das der Vater-Mutter-Gott Seinen Erdenkindern gegeben hat. Um dieses Gebot zu halten, bedarf es eines richtigen Berufes, den das
Menschenkind entsprechend seinen Fähigkeiten, Talenten und Qualitäten wählen
soll.
(Erklärung zu Kapitel 91,9)
Hier steht also nicht: Um das Gebot „Bete und arbeite“ zu halten, bedarf es
lediglich irgendeiner Gelegenheitsarbeit, die der Mensch umständehalber
angenommen hat, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Nein, hier ist von
einem richtigen Beruf die Rede, der in Selbstbestimmung gewählt
sein soll, entsprechend den Fähigkeiten, Talenten und Qualitäten.
Dennoch denke ich, das ist sicherlich nicht verkehrt, dass der Mensch auch
irgendeine Gelegenheitsarbeit annimmt, um sich seinen Lebensunterhalt zu
verdienen.
Wenn zehn Leute auf einer Insel voller Apfelbäume leben, und ein jeder lebt von
diesen Äpfeln, dann ist es doch nur gerecht und billig, wenn auch jeder
mitgeht, um die Äpfel zu pflücken. Das hat für den Einzelnen weder etwas damit
zu tun, dass das der richtige Beruf wäre, den er sich selber aus freien
Stücken gewählt hat und der seinen Fähigkeiten, Talenten und
Qualitäten entspricht. Das hat einfach nur damit etwas zu tun, dass er
ebenso gerne Äpfel isst und daher auch seinen Teil dazu beitragen sollte. Ob er
dann noch darüber hinaus musiziert oder Bücher schreibt oder schöne Behausungen
entwirft, das ist ihm ja freigestellt.
Ein jeder Weg ist anders, aber es ist wohl nur den wenigsten Menschen möglich,
ihre wahre Berufung von vornherein zu ihrem Beruf zu machen. So ist wohl zu
unterscheiden zwischen Brotberuf und Traumberuf. Nicht jeder kann seinen
Traumberuf zu seinem Broterwerb machen, und das muss ja auch nicht unbedingt
sein. Franz Kafka zum Beispiel war zum Schriftsteller geboren, verdiente sich
aber sein Lebtag lang seinen Lebensunterhalt als Versicherungsmitarbeiter. Der
bekannte Herr Dorn, der Begründer der Dorn-Therapie, die in vielen
Heilpraktiker-Schulen gelehrt wird, verdient sich seinen Lebensunterhalt als
Leiter eines Sägewerks und bietet seine therapeutischen Behandlungen kostenlos
am Abend in der Küche seiner Wohnung an.
Aber wenn ich die Weisungen des Geistes richtig verstehe, ist es der Wille
Gottes, dass wir zu diesem richtigen Beruf streben sollen, den von einer
Gelegenheitsarbeit oder einem Job unterscheidet, dass er den Fähigkeiten,
Talenten und Qualitäten entspricht.
Als Jugendlicher war ich besessen davon, dass ich meine „wahre Berufung“ finden
wollte. Aus meiner heutigen Sicht hat mich das erheblich blockiert. Ich hätte
einfach „mitgehen sollen zum Apfelpflücken“. Ich hätte eine Ausbildung machen
sollen als „Sozialversicherungsfachkaufmann“ oder als „Postbeamter im Mittleren
Dienst“, oder was eben gerade so gebraucht wurde. Hierbei wäre ich schon meinen
Neigungen gefolgt, hätte also miteinbezogen, dass ich gut und gerne schreiben
und mit Zahlen umgehen kann, und hätte von daher eine handwerkliche Ausbildung
zugunsten einer kaufmännischen wohl verworfen. So haben wir bis zu einem
gewissen Grad auch schon beim Brotberuf die Möglichkeit, unsere Fähigkeiten,
Talente und Qualitäten mit einzubeziehen. Dennoch lernen die meisten
Menschen wohl ihre Fähigkeiten, Talente und Qualitäten erst im Laufe der Zeit
kennen. Deshalb hätte ich mir aus meiner heutigen Sicht meine Berufswahl als
Jugendlicher nicht so schwer machen sollen. Deshalb rate ich den Jugendlichen
bei der Berufswahl: Gehe mit zum Apfelpflücken! Denke praktisch! Bedenke, wo
deine Mitarbeit gebraucht wird, wo du in einer sinnvollen Tätigkeit nette Leute
kennen lernen und deinen Lebensunterhalt verdienen kannst. Und spürst du eine
tiefere Berufung in dir, so unterdrücke sie nicht, aber lasse auch nicht zu,
dass die Berufung das Heute unterdrückt und behindert. Denn der Brotberuf kann
die sinnvolle Brücke zum Traumberuf sein. Folge deiner Berufung in deiner
Freizeit, und so wirst du allmählich ganz automatisch herausfinden, ob sie für
dich auch zu einem Brotberuf werden kann.
Wir sollen nach unserem Traumberuf streben, aber dennoch sollen wir unseren
Brotberuf gut und gerne ausfüllen. Der Brotberuf kann eine Schule sein, die in
uns eben die Fähigkeiten, Talente und Qualitäten zur Entfaltung bringt,
die wir für unseren Traumberuf benötigen.
Meine Erfahrungen in der Ausbildung als Sozialarbeiter kann ich etwas verkürzt
und schematisiert wie folgt zusammenfassen:
1.) Ich bewerbe mich. Ich sage, ich habe die und die
Fähigkeiten, ich habe die und die Erfahrungen. Aber man lässt mich gar nicht
ausreden. Denn die erste Frage an mich lautet: „Ja, welche Ausbildung hast Du
denn?“ „Keine.“ „Ja, dann ist nichts zu machen.“
2.) Da mir das mehrmals passiert, mache ich schließlich eine
Ausbildung zum Diplom-Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung. Das ist ein
siebenjähriger Weg, da ich vor dem Studium ja erst mein Abitur machen muss.
Dann bewerbe ich mich erneut. Nun fragt man mich auf einmal: „Ja, welche
Fähigkeiten und Erfahrungen hast Du denn?“ „Tja, nicht viele“, ist meine
Antwort, „ich musste ja die letzten sieben Jahre mich um meine Ausbildung
kümmern. Ich musste ja meine Fähigkeiten und meine Erfahrungen vernachlässigen,
damit ich meine Zertifikate erwerben kann.“ „Tja, wir brauchen jemanden mit der
und der Erfahrung und mit der und der Zusatzausbildung.“ „Aber hier, sehen Sie
doch meine Zeugnisse, ich habe alles mit eins bestanden!“ „Das zählt nicht, das
ist ja nur Ihre Eintrittskarte zu diesem Gespräch.“
Um die Psychologie dieses deutschen Ausbildungssystems zu verstehen, braucht
man wahrlich sein halbes Leben. Natürlich habe ich meine Ausbildung begonnen in
der Annahme, ich würde in der Ausbildung die Fähigkeiten und Erfahrungen
vermittelt bekommen, die ich zur Ausübung meines Berufes brauche. Irrtum. Das
eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Die Ausbildung ist nur die Eintrittskarte,
damit die Arbeitgeber sich überhaupt für eine halbe Stunde mit einem abgeben.
Ich bin ja ein gutwilliger Mensch. Nachdem ich als junger Mann meine Rebellion
auf die Spitze getrieben hatte, habe ich meine Taktik geändert und habe mich
darum bemüht, die Anforderungen dieser Gesellschaft zu erfüllen, auch wenn sie
nicht immer leicht zu begreifen waren.
3.) Also mache ich eine Zusatzausbildung mit integriertem
Praktikum und darf mich fortan „Geronto-Sozialtherapeut“ nennen. Klingt doch gut,
auch wenn man jedem, auch jedem Arbeitgeber, erst einmal erklären muss, was das
überhaupt ist. Das hat etwas mit Seniorenarbeit zu tun. Nachdem ich bei
mehreren Seniorenheimen wegen der großen Bewerberflut trotz dieser
Zusatzausbildung nicht genommen werde, bewerbe ich mich auch wieder in anderen
Bereichen wie Behindertenarbeit, Psychiatrische Nachsorge-Einrichtungen,
Suchttherapie. Doch überall sieht man mein neuerworbenes Zertifikat als
Geronto-Sozialtherapeut und fragt mich, nachdem man sich hat erklären lassen,
was das ist: „Und warum wollen Sie dann hier arbeiten?“ Die ehrlichste und
wichtigste Antwort wäre wohl gewesen, weil ich mich für die Sozialarbeit
entschieden habe, damit ich eine Arbeit mit Menschen mache und ein nützliches
Glied dieser Gesellschaft sein kann, weil ich den Weg des Dienens gehen will
und das Dienen als eine spirituelle Reinigung begreife, außerdem weil ich ganz
gerne einen Job hätte, der mir in einigermaßen sinnvoller Weise ermöglicht,
meine Miete zu verdienen und der auf meine Ausbildung aufbaut. Aber das hätte
mein Gegenüber wohl kaum überzeugt. Also hole ich etwas aus und erzähle so
einiges, was auch alles nicht gelogen ist, nämlich dass ich mich auf meinem
Berufsweg als Sozialarbeiter nicht festlegen wolle, sondern da hingehe, wo ich
gebraucht werde, dass meine Einstellung als Sozialarbeiter die sei, dass ich
mich um die Not meiner Mitmenschen kümmern wolle und dass z.B. ein Psychologe,
wenn er an einem Ertrinkenden vorbeikommt, ihm wohl auch kaum zurufen wird
„hey, ich bin Psychologe, für Ertrinkende bin ich nicht zuständig“,
schlussendlich weil ich viele meiner bisherigen Erfahrungen für übertragbar
halte und jede neuartige Erfahrung als eine Bereicherung für meinen Lebensweg
betrachte. Nachdem ich geendet habe und meine Rede doch für absolut glaubwürdig
und unwiderstehlich halte, kommt die knappe Antwort: „Wir wollen aber einen mit
der und der Zusatzausbildung und der schon einige Jahre speziell in diesem
Bereich Erfahrungen gesammelt hat.“
Also, was soll ich noch tun? Noch eine Zusatzausbildung machen? In meinem
Studium zum Sozialarbeiter habe ich ja bewusst mehrere Schwerpunkte belegt,
weil ich meinte, durch Vielseitigkeit würden sich meine Chancen erhöhen.
Irrtum. Es werden immer die bevorzugt, die ihr ganzes Leben lang sich nur
mit Behinderten oder nur mit Alten oder nur mit
Suchtkranken beschäftigt haben. Dass das inhaltlich völlig unsachgemäß ist, da
Sozialarbeit nicht einfach nur ein Fachgebiet ist, sondern etwas mit
allgemeiner menschlicher Entwicklung und Erfahrung zu tun hat, mit der
Offenheit für die Unterschiedlichkeit der Mitmenschen, das spielt keine Rolle.
Für eine Stelle in der Psychiatrischen Nachsorge wird der bevorzugt, der 5
Jahre Praxis und eine Zusatzausbildung im Fachgebiet Psychiatrischer
Nachsorge nachzuweisen hat. Jemand, der in seinen 5 Praxisjahren zwei oder drei
verschiedene Gebiete durchlaufen hat und der seine Zusatzausbildung in einem
anderen Fachgebiet absolviert hat, der wird bei der Wahl der Bewerber
zurückgestellt, obwohl das über seine sozialarbeiterischen Kompetenzen
eigentlich nichts aussagt.
4.) Ich kann mich entweder darauf festlegen, unbedingt
eine Stelle als Sozialarbeiter in einem Altenheim zu finden, obwohl z.B. auch
die Psychiatrische Nachsorge in frage käme, weil ich da mein Jahrespraktikum
gemacht habe. Oder ich bin offen dafür, irgendeinen Job anzunehmen, auch wenn
er nicht meiner Ausbildung entspricht. Nach einem halben Jahr erfolgloser
Bewerbungen nehme ich eine Stelle als Altenpfleger an, also in der Tätigkeit,
mit der ich mir die ganzen Jahre meine Ausbildung finanziert habe. Nach einigen
Jahren Altenpflege wechsele ich und verlasse den sozialen Bereich, da ich
hinter der schulmedizinischen Arbeitsweise noch nie stehen konnte und
irgendwann einmal arbeiten wollte, ohne meine Überzeugungen verraten zu müssen.
So komme ich in die Versandabteilung einer Werkzeugfirma, wo mein Abitur, mein
Fachhochschulabschluss, meine staatliche Anerkennung und meine Zusatzausbildung
keine Rolle mehr spielen. Als ich mich etwa 15 Jahre zuvor auf eine ähnliche
Stelle beworben habe, habe ich sie nur aus dem einen Grund nicht bekommen, weil
der Arbeitgeber mir nicht zutraute, diese Arbeit durchzuhalten, ohne aus
Langeweile alsbald wieder zu wechseln.
Das Merkwürdige an meinen ganzen Schul- und Studiumsjahren ist nicht nur, dass
mir die Abschlüsse, die man mir als so wichtig vorgaukelte, als ich sie noch
nicht hatte, auf meinem Berufsweg 15 Jahre lang fast nicht nutzten, sondern
auch, dass ich die inhaltlichen Erkenntnisse, die für mein Leben wichtig und
entscheidend waren, nicht durch die Schule oder die Fachhochschule fand,
sondern daheim, in meinen privaten Studien.
Ich habe mich in meiner Jugend sehr viel in Bibliotheken aufgehalten. Ich habe
es nie verstanden, weshalb man ein Studium benötigen sollte, um sich zu bilden.
Was ich brauchte, war einfach eine Bibliothek und viel Zeit. Doch diese Zeit
wird einem jungen Mann nicht zugestanden. Wenn ein junger Mann irgendwelche
Bücher durchackert, weil er sich in einem Studiengang eingeschrieben hat, wenn
ein junger Mann also einem äußeren Lehrplan folgt, den andere Menschen für ihn
erdacht haben, dann ist er ein fleißiger junger Mann. Er kann sagen: „Ich
studiere.“ Wenn aber ein junger Mann irgendwelche Bücher durchackert, ohne sich
in einem Studiengang eingeschrieben zu haben, wenn ein junger Mann also einem
inneren Lehrplan folgt, den Gott in ihn hineingelegt hat, dann ist er bloß ein
Faulpelz und alle Welt rät ihm, er solle endlich einmal etwas tun. Das habe ich
nie verstanden und das habe ich als 18jähriger nicht eingesehen: Eine Schule
oder ein Studium an einer Universität soll mir eine Lebensberechtigung geben,
egal, ob das vermittelte Wissen brauchbar ist oder nicht, egal, ob ich mit
Interesse bei der Sache bin oder nicht. Wenn ich aber auf eigene Initiative
mich voller Hingabe einem Studium hingebe, das mir für mein Leben Perspektiven
eröffnet und das mich auf einen Weg der Entwicklung und der Entfaltung meiner
Talente und Fähigkeiten führt, dann gibt mir das keine Lebensberechtigung. So
war ich als Jugendlicher zwei Jahre lang, von 18 bis 20 Jahren ein
Leistungsverweigerer, und habe in dieser Zeit mehrmals wegen dem Druck meiner
Umwelt eine Schule oder eine Ausbildung begonnen, aber alles alsbald wieder
abgebrochen. Später dann habe ich eben, wie oben beschrieben, mich bemüht, die
Formen dieser Welt zu erfüllen, was mir für meinen Berufsweg nur sehr magere
Resultate erbrachte.
Ich wollte eigentlich das Ausbildungssystem in dieser Gesellschaft kritisieren,
aber in dieser Beschreibung sehe ich mehr und mehr, dass alles nur mein eigener
Lernprozess war. Ich gebe niemandem die Schuld, schon gar nicht einem irgendwie
gearteten „System“. Ich komme zu dem Schluss, wenn ich noch einmal von vorne
beginnen könnte, so würde ich mich gar nicht mehr darum bekümmern, ob ich in
meinem Brotberuf auch meine Berufung fände. Ich würde einfach irgendeinen
Brotberuf annehmen, ich würde mit 16 oder 17 Jahren ohne Abitur eine Ausbildung
machen, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen, aber meine Studien und
meine Künste würde ich in meiner Freizeit weiterverfolgen. Heute bin ich sogar
fasziniert vom Handwerk, könnte mir vorstellen, mit Freude als Bäcker,
Schreiner oder auch als Schmied zu arbeiten. Aber dieses bodenständige Denken
habe ich von meinem Vater, einem Architekten, nicht mitbekommen. Seine Söhne
sollten einmal studieren und in ihrem Beruf Genies werden, so wie er auch. Dass
man aber Bildung und Geldverdienen nicht unbedingt als eines betrachten muss,
dass persönliche Entwicklung sich auch außerhalb des Brotberufes abspielen
kann, dass Jakob Böhme ein Schuster und Jesus von Nazareth ein Zimmermann war,
das war mir noch nicht so recht klar geworden. Hieran gebe ich nicht meinem
Vater die Schuld, der in seiner Freizeit ein leidenschaftlicher Musiker war,
denn ich bin ja nicht zufällig als sein Sohn in diese Welt gekommen, es war
mein Lernprozess. Wenn ich noch einmal von vorn beginnen könnte, so würde ich
die Arbeit betrachten als ein „Mitgehen zum Apfelpflücken“, als eine Form, mir
meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und darüber hinaus als einen Ort der
Begegnung mit meinen Mitmenschen, der mir gerade in dieser Zeit von 18 bis 20
Jahren sehr gefehlt hat. Wahrscheinlich wäre es mir so auch leichter gefallen,
die andere Seite meiner Lebensproblematik zu lösen, mit den Begegnungen in
einer Betriebsgemeinschaft und mit einem geregelten und etwas angehobenen
Lebensunterhalt: eine Partnerin zu finden und eine Familie zu gründen.
Aber so war ich aus der natürlichen Entwicklung herausgefallen, und später dann
wollte und wollte es mir nicht gelingen, wieder zu ihr zurückzufinden.
Was den offiziellen Ausbildungsweg angeht, so will ich nicht ungerecht sein.
Die Schul- und Studienjahre haben schon meinen Horizont erweitert, haben meine
Ansicht von dieser Welt vergrößert, haben mir auch geholfen, meine
Arbeitsmethodik weiterzuentwickeln. Es war schon für meine Entwicklung
hilfreich und nicht umsonst.
Aber ich muss doch über das Studium der Sozialarbeit zu folgendem Resumée
kommen:
Das Studium der Sozialarbeit hatte keine Antworten auf die Frage nach einer
wirksamen Therapie für Suchtkranke, für Psychisch Kranke, für
verhaltensauffällige Jugendliche und für dahinsiechende Alte. Deshalb konnte es
auch nicht vermitteln, welche Rolle der Sozialarbeiter in einer solchen
Therapie einnehmen sollte.
Das Studium der Sozialarbeit kann deshalb keine wirksame Therapie beschreiben,
weil sie, entsprechend der zugrunde liegenden Lehren der Psychologie und der
Schulmedizin, kein Bild vermitteln kann von einem gesunden Körper, von einem
gesunden Geist, von einer gesunden Seele. Das Studium der Sozialarbeit kann
also nur zweierlei vermitteln: die Notstände dieser Gesellschaft zu beschreiben
und dem Sozialarbeiter Hilfsmittel an die Hand zu geben, um diese Notstände zu
verwalten, und sie vielleicht ein wenig tröstlicher und unterhaltsamer zu
gestalten. Aber auf die eigentliche Motivation eines jungen Menschen,
Sozialarbeit zu studieren, gibt das Studium keine Antwort: die Notstände in
Wohlstände zu verwandeln, die Kranken zur Gesundheit zu führen, zu HELFEN. Und
dieses Wissen habe ich eben nicht in vorgegebenen Studiengängen gefunden, die
mich zu Scheinen für einen Abschluss führten, dieses Wissen habe ich in
jahrelangen häuslichen Studien gefunden, in den Gesetzen des Lebens, bei den
Lebensreformern und bei den Lehren des Urchristentums.
In den Bewerbungsgesprächen dieser Welt wird mir das wohl niemals nützlich
sein. Aber dafür im richtigen Leben.
Ein Motto wurde uns im Studium mitgegeben, das die Aufgabe des Sozialarbeiters
kennzeichnen sollte: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Wie aber sollte diese „Hilfe zur
Selbsthilfe“ erfolgen, wenn nicht durch die Aufklärung über die Gesetze des
Lebens? Erst durch das Urchristentum und durch die Lebensreform habe ich zu den
Gesetzen des Lebens gefunden, erst hierdurch habe ich die wahren Inhalte von
Sozialarbeit kennengelernt. Ich wollte immer „Schriftsteller und
Sozialarbeiter“ werden, und darf nun erkennen, dass sich beides vereinigt im
Lebensreformer. Sozialarbeiter und Lebensreformer sind für mich eins geworden,
denn es ist eben gerade auch das Kennzeichen der Lebensreform, dass sie eine
„Hilfe zur Selbsthilfe“ anbietet, im Unterschied zur Medizin oder zur
Naturheilkunde, die ihre Aufgabe im Behandeln von Krankheiten sehen. Die
Lebensreform aber behandelt nicht, sondern sie fordert auf zum Selberhandeln.
Ob ich also Gedichte schreibe oder Sachbücher, ob ich Kranke pflege oder mehr
die Menschen berate, ob ich Ausdauersport betreibe oder politisch tätig bin, ob
ich mir mit meinen Körperkräften, die auf meiner körperlichen Gesundheit
beruhen, meinen Lebensunterhalt verdiene, oder ob ich einmal als Vortragsredner
meine Erkenntnisse weitergeben darf, ob ich in einem Naturkostladen arbeite,
oder ob ich einmal selber biologisches Gemüse anbaue: Mein Beruf, zu dem ich
gefunden habe, ist Lebensreformer. Das ist die Antwort auf einen langen
beruflichen Weg der Selbstfindung.
Es gibt ein Zauberelixier, das dem Menschen all das in kurzer Zeit vermitteln
kann, was er so sehnsuchtsvoll sucht: Schlankheit und Schönheit, Jugend und
langes Leben, sowie vor allem Gesundheit, die ja die Basis für den Erfolg ist.
Ich wäre längst ein reicher Mann, wenn dieses Zauberelixier ein Mittel zum
Einnehmen wäre. Aber es besteht aus den vier Ingredienzien:
Es ist so einfach, und man kann damit jede Krankheit heilen, wenn auch nicht
jeden Kranken. Man kann damit nicht nur die Krankenkassen sanieren, sondern
auch alle volkswirtschaftlichen und ökologischen Probleme lösen. Es ist also das Zauberelixier, nach dem alle Menschen suchen und für das sehr
viele Menschen erfolglos ein Vermögen ausgeben. Leider ist das Interesse sofort weg und der Geldbeutel sofort verschlossen,
wenn den Menschen bewusst wird, dass es sich um kein Mitteln zum Einnehmen
handelt, sondern dass sie selber etwas dafür tun müssen.
Die meisten Menschen finden erst zu diesem Zauberelixier, nachdem sie selber
durch schweres Leid gegangen sind, nachdem sie das Leid gelehrt hat, worauf es
im Leben wirklich ankommt.
Für meinen Berufs- und Ausbildungsweg habe ich meine Jugend hingegeben. Ich
habe in meinem Berufs- und Ausbildungsweg das Elend in dieser Gesellschaft
gesucht. Ich habe es angefasst, ich habe es studiert, ich kann nicht sagen,
dass ich eine glückliche Jugend hatte, es war mehr Kampf als alles andere. Aber
ich bin dadurch dahin geführt worden, dieses Zauberelixier zu finden, ohne
selber durch schwere Krankheiten und schweres Elend gehen zu müssen.
Ich war lange Zeit angelernter Hilfsarbeiter und habe mir oft gewünscht, ich
wäre ein erfolgreicher Künstler geworden oder ich hätte irgendein brauchbares
Handwerk erlernt. Aber dennoch ist mir immer bewusst gewesen, dass mein Weg mir
eine Frucht gebracht hat, die mich reich macht, eine Frucht, nach der viele
Menschen vergeblich suchen: das Elixier des Lebens.
Heute darf ich schon seit mehreren Jahren meine Kenntnisse und Erfahrungen
beruflich einsetzen: als Sozialpädagoge in Wiedereingliederungs-Maßnahmen für
Arbeitslose. Die gesunde Lebensweise in Lehrseminaren und Beratungen zu
vermitteln ist nur ein kleiner Teil meiner derzeitigen Arbeit. Es geht um Potentialanalyse
und Menschenführung, um das Aufzeigen von Möglichkeiten und Motivation und
natürlich um Organisation und Verwaltung. In einer tieferen Bedeutung aber geht
es immer um gesunde Lebensweise. Denn die Wiedereingliederung in das
Berufsleben ist genau so ein Bestandteil und ein Ausdruck der gesunden
Lebensweise wie alle anderen Bereiche des Lebens. Meine ganzheitliche
Sichtweise der gesunden Lebensweise, die ich mir in langen Studienjahren erworben
habe, und meine eigene Berufserfahrung – auch und gerade in den niederen
Positionen – hilft mir heute entscheidend in meiner Arbeit. In einem langen
Prozess bin ich zu der heutigen Arbeit hingeführt worden und erlebe meine
jetztige Position als eine Synthese all meiner bisherigen Erfahrungen und
Entwicklungsschritte. Ich selber war Markthelfer auf einem Obst- und
Gemüsestand, Pflegehelfer, Betreuungsassistent (auch wenn das zu meiner Zeit
noch nicht so hieß), Küchenhelfer und Versandhelfer. Daher kann ich aus eigener
Erfahrung zu meinen Teilnehmern sprechen.
Was mich selber erstaunt, dass
ich immer so zuversichtlich war. Ich habe mich immer als Sozialarbeiter
gesehen, ich habe immer alle Erfahrungen als Teil meiner übergreifenden
Ausbildung gesehen, die sich eben nicht auf das Studium beschränkt hat. Es ist
für mich selber ein Wunder, dass meine Rechnung aufging, dass ich heute endlich
einen Job als Sozialpädagoge ausüben darf, wo ich all das in meine Tätigkeit mit
einfließen lassen kann.
So lebe ich heute meinen Traum: Schriftsteller und
Sozialarbeiter. Helfen, Lesen, Schreiben - eines befruchtet das andere.