Kostprobe Nr. 3, aus dem Rundbrief Nr. 8 (Juni 2006)
Der Laie selbst sich nicht verhehlt,
daß, wenn er krank ist, ihm was fehlt.
Den Satz hebt niemand aus der Angel:
Des Leidens Vater ist der Mangel.
Eugen Roth
Was der Dichter Eugen Roth hier schreibt, klingt simpel und selbstverständlich, enthält aber eine tiefe Weisheit. In letzter Konsequenz zuende gedacht ist es die Gegenthese zum Vorgehen der heutigen schulmedizinischen Wissenschaft. Im Folgenden soll die Sicht des Gesundheitspraktikers der Sicht des Schulmediziners gegenübergestellt werden. Diese andere Sichtweise klingt völlig simpel und leicht begreiflich. Sobald man aber anfängt, sie konsequent weiterzudenken und auf die Praxis des Heilungsweges zu übertragen, zeigt sich die ganze Tragweite. Die Sicht des Gesundheitspraktikers bedeutet eine grundlegende Revolution des ärztlichen Handelns und des gesamten Gesundheitswesens. Diese andere Sichtweise ist die Grundlage des Weges des Gesundheitsvegetariers und des vegetarischen Rohköstlers. Seien wir einfach mal bereit, logisch mitzudenken und offen dafür, wohin es uns in der Konsequenz führt.
Nehmen wir einmal an, in einem Koordinatensystem stellt die Null-Linie die Gesundheit dar.
Nach der schulmedizinischen Sichtweise ist die Krankheit in diesem Bild ein Berg, also ein Etwas, das bekämpft werden muss. Wenn die Krankheit vernichtet wird, dann bleibt automatisch die Gesundheit übrig. Also gilt es, die Krankheit anzugreifen und zu zerstören. Dies geschieht mit Operationen, Bestrahlungen und Medikamenten - mit Stahl, Strahl und Chemie.
Wie ist es aber, wenn die Krankheit nicht ein Etwas ist, sondern ein Mangel - nicht ein Berg, sondern ein Tal? Dann stellt sich das Problem ganz anders dar. Die Angriffe von Stahl, Strahl und Chemie gehen ins Leere und können dann höchstens die verbliebene Restgesundheit gefährden. Worum es dann aber in der Therapie gehen muss, ist nicht den Berg der Krankheit zu zerstören, sondern das Tal der Krankheit AUFZUFÜLLEN.
Aber womit?
Womit sollen wir das Tal der Krankheit auffüllen?
Oder anders gefragt: Woraus besteht eigentlich die Gesundheit?
Diese nahe liegende Frage wird in der Schulmedizin nicht behandelt. Logisch: Gesundheit ist in ihrer Sichtweise ja einfach das, was übrig bleibt, wenn die Krankheit zerstört ist. Erst wenn man die Krankheit als Mangel betrachtet, als Lücke, als Tal, nicht als Etwas, sondern als ein Loch IN einem Etwas - wird die Frage aufgeworfen, was Gesundheit eigentlich ist.
Woraus besteht Gesundheit?
Die Antwort auf die Frage nach der Substanz der Gesundheit ist vielschichtig, denn wahre Gesundheit umfasst Körper und Seele. Sie besteht ebenso aus gesunden sozialen Beziehungen wie aus der Wahl des richtigen Schlafplatzes, ebenso aus Zufriedenheit in Beruf und Partnerschaft wie aus genügend Luft und Sonne an der Haut. Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Gesundheit wird aufgebaut durch das Befolgen der Lebensgesetze.
„Es gibt keine Krankheiten, nur Fehler in der Lebensführung. Beseitige diese Fehler, und die Krankheiten werden von selbst verschwinden.“ Are Waerland
Krankheit bedeutet also einen Mangel am Befolgen der Lebensgesetze. Heilung bedeutet das Auffüllen dieses Mangels.
Heilung ist demzufolge nur möglich durch eine Einsicht und eine Umkehr, also durch eine LEBENSREFORM.
Die Lebensgesetze umfassen das ganze Leben, deshalb ist eine gesunde Lebensweise, wie schon gesagt, äußerst vielschichtig. Das Hauptinteresse des Gesundheitspraktikers ist es nicht, wie das des Arztes oder des Heilpraktikers, die Krankheiten und ihre Behandlungsmöglichkeiten zu studieren, sondern die Gesundheit und ihre Lebensgesetze. Aus dieser Sichtweise heraus bewegen sich Schulmedizin und Naturheilkunde auf einer Ebene, zu der die Gesundheitskunde das Gegenmodell darstellt. Bedeutende Lehrer der Gesundheitskunde sind z.B. Prof. Arnold Ehret, Dr. Maximilian Bircher-Benner, Are Waerland, Dr. Johann Georg Schnitzer, oder die Vertreter der amerikanischen NH-Bewegung („Natural Hygiene“) Dr. Tilden, Dr. Shelton, Norman Walker, Harvey und Marilyn Diamond.
Vier Bereiche dieser Lebensgesetze seien hier herausgegriffen, weil sie besonders grundlegend sind, und weil die Unkenntnis über die Lebensgesetze in diesen vier Bereichen in unserer heutigen Gesellschaft besonders verbreitet ist. Es sind
Die vier Säulen der Gesundheit:
- Ernährung
- Bewegung
- Entspannung
- Positives Denken.
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Diese Bereiche betreffen neben dem Positiven Denken vor allem unsere körperlichen Gewohnheiten. Manchmal vermuten wir hinter den Krankheiten seelische Ursachen, wo einfache Ernährungsfehler, gepaart mit Bewegungsmangel, vorliegen, wie z.B. bei ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom) oder Epilepsie. Oftmals können aber auch tatsächlich vorhandene seelische Blockaden durch das Beachten dieser Bereiche leichter erkannt und gelöst werden, wie z.B. durch die Bewegung in der Schönheit der Natur oder durch regelmäßige bewusste Entspannung in der Stille oder bei harmonischer Musik.
So bekommt der Arzt des Neuen Zeitalters durch die vier Säulen der Gesundheit ein diagnostisches System an die Hand, mit dem er die Gesundheitsdefizite beim Patienten wirksam aufspüren kann. Seine Frage an den Patienten lautet dementsprechend nicht:
„Was haben Sie?“,
sondern: „Was fehlt Ihnen?“
Er kümmert sich weniger darum, mit aufwändigen technischen Geräten die Krankheit des Patienten aufzuspüren und zu benennen. Sondern seine Diagnose zielt auf die Gesundheitsdefizite, die er durch einfaches Nachfragen nach den Lebensgewohnheiten des Patienten in diesen vier Bereichen erkennt. Diese Form der Diagnose bewirkt eine viel sicherere Form der Früherkennung von Krankheiten als jede Computertomographie oder Mammographie oder Ultraschalluntersuchung. Denn das erste Stadium einer Krankheit liegt immer in einem Defizit beim Befolgen der Lebensgesetze. Die Therapie besteht dann in der Korrektur dieser Lebensgewohnheiten, die nur der Patient selber durchführen kann. Die Grundlage dieses Heilungsweges liegt also nicht im passiven Behandeltwerden, sondern im aktiven Selberhandeln.
Nun wird vielleicht allmählich die Tragweite dieses simplen Modells von Krankheit und Heilung deutlich. Krankheit ist kein Berg, sondern ein Tal, nicht ein Etwas, sondern eine Lücke. Bis hierhin wird dieses Modell wahrscheinlich ein allgemeines beifälliges Kopfnicken ernten. Aber die Konsequenz ist, dass man z.B. bei Kopfschmerzen keine Tabletten einnimmt, die den Kopfschmerz bekämpfen, sondern den Mangel an Gesundheit ausgleicht. Das kann heißen, ein ungesundes Genussmittel durch ein gesundes Lebensmittel zu ersetzen oder in der Feierabend-Entspannung den Fernsehkonsum zugunsten eines meditativen Spazierganges zu reduzieren.
Hier, wo es zur Tat wird, wo die Konsequenzen zur praktischen Wirklichkeit werden, liegt der Punkt, wo sich die Geister scheiden. Dabei erfüllt dieser Heilungsansatz eigentlich nur die Grundsätze des Hippokrates, den die Schulmedizin angeblich heute noch verehrt.
„Wer die Naturgesetze befolgt, hat sein leibliches Wohl selbst in der Hand.“ Hippokrates
Auch Hippokrates war viel mehr ein Gesundheitslehrer als ein Krankheitsbehandler.
Die Gesundheitspraktiker sind diejenigen, die den Gesundheitsweg in aller Konsequenz zu Ende denken. Wenn wir nämlich Gesundheit nicht mehr als die Abwesenheit von Krankheit definieren, als ein Neutrum, sondern als ein Etwas, als ein Positivum, als Substanz - warum sollten wir mit der Gesundheit auf der Null-Linie stehen bleiben? Warum sollte sich Gesundheit nicht noch viel, viel weiter steigern lassen?
Die Grenzen der Gesundheit auszuloten oder sie bis ins Unendliche zu steigern - das ist der abenteuerliche Weg, den der Gesundheitspraktiker zu beschreiten sich entschieden hat.
Gesunde Ernährung bedeutet in Übereinstimmung vieler namhafter Gesundheitsforscher:
Vegetarische Vollwertkost, frei von Genussmitteln, mit hohem Roh-Anteil.
Hier ist eine Richtung vorgegeben. Wie weit man auf diesem Weg voranschreiten will, hängt natürlich von jedem Einzelnen ab. Ob man vom Eier-Milch-Honig-Vegetarier zum Veganer werden will - also alle tierischen Produkte weglassen -, ob man die schädlichen Genussmittel nur teilweise oder ganz ausschalten will - also nicht nur Alkohol und Nikotin, sondern auch Kaffee und Weißen Zucker -, ob man nur einen hohen Anteil an Rohkost verzehrt oder ganz zum Rohköstler werden will, das hängt von einem jeden selbst ab und wie hoch er sich sein Ziel auf dem Gesundheitsweg gesteckt hat.
Was ist die Aufgabe des staatlichen Gesundheitswesens?
Aus dieser Sichtweise hat der Staat die Aufgabe, Ernährungskurheime einzurichten, in denen die Lebensgesetze gelehrt werden. Jeder Mensch, ob krank oder gesund soll dort ohne große finanzielle Eigenmittel zumindest einmal im Jahr eine umfangreiche Kur absolvieren können, um mehr über die vier Säulen der Gesundheit zu erfahren. Durch Aufklärung, Übungen und Praxis werden die Grundlagen gesunder Lebensweise vermittelt und weitergegeben.
Ebenso sollte es Gesundheitsunterricht an den Schulen und medizinischen Universitäten, sowie kostenlose Gesundheitsberatungsstellen in allen größeren Städten geben.
Die Investitionen in eine breite Gesundheitserziehung der Bevölkerung führen in einem noch weit größeren Maße zu Einsparungen bei den Ausgaben für Krankheitserkennung und –behandlung.