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In meinem Studium der Sozialarbeit beschäftigte mich sehr die Frage, ob denn ein Mensch, der selber keine oder kaum Suchterfahrungen gemacht hat, zum Suchttherapeuten taugt. Ausgelöst wurde diese Frage durch eine Erfahrung, die für einen Studenten der Sozialarbeit sehr verwirrend und sogar manchmal, auf den Aufbau einer beruflichen Laufbahn bezogen, niederschmetternd wirkt: Mich haben nämlich eben gerade immer die Konzepte am meisten überzeugt und begeistert, die auf Selbsthilfe beruhen. So habe ich auch zwei meiner drei Studienpraktika in Selbsthilfegemeinschaften absolviert: eines bei SYNANON, heute Suchthilfe Fleckenbühl (Cölle bei Marburg), das andere bei den Guttemplern. Mich überzeugte besonders die Vorbildfunktion des ehemaligen Süchtigen, der „es geschafft“ hat, der wieder clean ist und seinen Platz im Leben gefunden hat. Diese Vorbildwirkung kann ein noch so integrer Mensch, der selber niemals süchtig war, kaum erreichen. Mit anderen Worten: Ich war ein Grünschnabel, ein Jungspund, ein Theoretiker. Alle waren freundlich zu mir. Aber eine große Hilfe konnte ich nicht sein. Ich durfte viele Einblicke und Erkenntnisse gewinnen. Aber es konnte sich für mich aus diesem Ansatz heraus natürlich kein Berufsweg entwickeln.

Ich will damit gar nicht abstreiten, dass es auch gute Suchttherapeuten ohne eigene Suchterfahrung geben kann, so wie ein Arzt natürlich auch nicht alle Krankheiten gehabt haben muss, die er behandelt. Aber ich kenne keine und habe keinen Zugang dazu….

- außer einen Zugang: den der Waerland-Lebensweise!

Nach meiner Überzeugung ist es kein Ansatz, nur das Böse zu verteufeln, ohne das Gute aufzubauen. Das gilt im Bereich der Gesundheit, die nicht nur aus Krankheitsbekämpfung bestehen kann, ebenso wie im Bereich der Suchttherapie, die nicht nur aus Drogenentzug bestehen kann. Das wächst, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Man nehme sich einmal vor, 2 Minuten nicht an Bananen zu denken! Man wird gerade in diesen 2 Minuten immer wieder an eben das denken, was man sich untersagen möchte: an Bananen!

Deshalb ist der Slogan „Keine Macht den Drogen!“ natürlich nichts als ein Bumerang. Damit kommen wir nicht weiter.

Wer sich zum Beispiel 2 Minuten lang immer wieder sagt „Ich liebe Äpfel!“ und sich dabei die schönsten Äpfel vorstellt, der wird in diesen 2 Minuten tatsächlich nicht an Bananen denken.

Deshalb muss es ein positives Gegenbild zum Suchtkranken geben. Und das ist nach meiner Überzeugung der Waerlandist, der Lebensreformer, der sich vornimmt, mehr und mehr im Einklang mit den Naturgesetzen zu leben. Er überwindet seine Süchte, und damit sind nicht nur Hasch, Cannabis, Kokain und Crack gemeint, sondern ebenso Alkohol und Nikotin, Kaffee und Raffinierter Zucker, Fleisch, Fisch und Ei, Essig, Cola und Limonade, Kuchen und Weißmehl, Geldspiele, Computerspiele und Fernsehen. Und da denkt so mancher, das sei ja unmenschlich, das sei fanatisch und überzogen. Man denkt das solange, wie man nur darauf blickt, worauf man verzichtet, und solange man meint, dies würde bedeuten, man müsse nun alle seine Lebensgewohnheiten in rigidem Fanatismus von heute auf morgen verändern. Worum es geht, ist aber das positive Zielbild: der gesundheitsstrotzende Lebensreformer, der glückliche und fröhliche Lebensbemeisterer, dem wir nach und nach, in einem allmählichen Prozess, zustreben. Gesundheit und Glück finden wir nicht in den oben angeführten Konsumgiften, sondern in einer biologisch artgerechten Ernährung, in einer Verbundenheit mit Gott in allen Kräften der Natur und des Lebens und im eigenen Innern.

Der Suchtkranke ist nichts als der ins Extreme getriebene Ausdruck des Lebensprinzips dieser Gesellschaft: der Versuch, das Glück im Äußeren zu finden, im Konsum, im Rausch.

Die Waerland-Lebensweise ist der Gegenpol zum Suchtkranken, und deshalb nach meiner Auffassung der Kern jeder Therapie. Jede Therapie ist insoweit erfolgreich, wie sie Aspekte dieser Lebensweise mit aufgreift. Aber ein enormer Entwicklungsschub kann es für jeden Süchtigen sein, wenn er sich bewusst das positive Zielbild setzt: ein Waerlandist zu werden. Und für die gesamte Gesellschaft bedeutet das natürlich, je mehr Waerlandisten es gibt, desto mehr wird die Lebensweise eines Süchtigen seine Anziehung verlieren.

Je mehr Menschen biologische Äpfel kaufen statt konventionelle oder Getreidebratlinge statt Schweineschnitzel, desto weniger wird es Fixer und Kokser geben. Es kommt nicht darauf an, ob nun große Stars aus Sport und Show uns einhämmern wollen: „Keine Macht den Drogen!“. Sondern es kommt darauf an, dass wir diese Zusammenhänge begreifen.

10/04

 
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